Am 29.05.2018 spielten die Kapitalmärkte einmal mehr verrückt. Gemeint ist damit etwas, was vielen Privatanlegern unbemerkt blieb. Im Fokus steht Tag für Tag der Aktienmarkt, EUR/USD oder Gold und Rohöl. Die Zinsentwicklung hingegen schauen sich viele Privatinvestoren nur temporär an. Der Bund Future oder 10-Jährige Renditen für deutsche- oder US-Staatsanleihen sind auf dem Radar.

Verrückt spielte an diesem Tag dann jedoch die Zinslandschaft in Italien und dort ganz besonders die Papiere mit 2-jährigen Laufzeiten. Diese nennt man allgemein hin auch BTP was für Buoni del Tesoro Poliannuali steht und das Pendant zu den 10-jährigen deutschen Staatsanleihen, auch „Bunds“ genannt, darstellen.

Der Markt für Staatsanleihen der EU-Staaten umfasst ca. 12,5 Billionen Euro. Davon nimmt Italien allein 2,3 Billionen Euro ein. Zum Vergleich: Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU umfasst hingegen „nur“ 2,1 Billionen Euro.

Der folgende Chart zeigt, wie sehr sich die Spreads gerade von 2-Jährigen italienischen Staatsanleihen ausgeweitet haben. Diese Bewegung war von ihrer Intensität so stark wie seit 1992 nicht mehr. Man sieht also, weshalb dies wirklich als historisch zu bezeichnen ist. Zudem haben sich natürlich auch die 10-jährigen ausgeweitet, allerdings lange nicht so stark, womit sich die Zinsstrukturkurve deutlich verflacht hat.

Eine flache Zinsstrukturkurve wird allgemein hin gerne als Vorbote einer Rezession gesehen. Eine inverse Kurve (ich bekomme für kürzere Laufzeiten mehr Zinsen als für längere) ist sogar ein Anzeichen für eine Insolvenz – oder, wie in diesem Fall, eine Staatspleite. Ähnliches konnte man auch bei Griechenland vor einigen Jahren beobachten. Der Markt hat sich also panikartig große Sorgen um Italien gemacht, einen wahren Risk-Off Modus verfolgt und alles aus den Büchern gehauen. Grund für die Ausschweifungen waren vor allem die politischen Ereignisse rund um die Regierungsbildung, Unsicherheit und die darauffolgende Panik. Dies wurde bereits an zahlreichen Stellen diskutiert.

Warum nun jedoch die einführenden ausschweifenden Worte, wenn es doch eigentlich um die Allianz SE (WKN: 840400) gehen soll? Ganz einfach: große Banken, aber vor allem auch Versicherungskonzerne, legen ihre hohe Liquidität (z.B. monatliche Policen bei Versicherungen) am Kapitalmarkt an. Alles andere wäre schließlich eine reale Geldvernichtung.

Aufgrund der Größe und damit auch Liquidität des italienischen Marktes werden viele Anteile auch hier angelegt. Ist man also dort investiert und leiden die Kurse der dortigen Anleihen (Wenn Zinsen steigen und Spreads/Risikoaufschläge sich ausweiten, fallen die Kurse), kann das auch einen Einfluss auf die Anleger haben. Folgend eine Tabelle der größten Investoren italienischer Staatsanleihen.

Allianz steckt also tief drin - und entsprechend werden Aktien dann auch abgestraft. Ähnliches ist im Übrigen auch mit der Commerzbank AG geschehen. Die Allianz SE hat an diesem Tag stolze 3,5% verloren, während der DAX „nur“ 1,6% abgab.

Allerdings muss man diese sehr einfache Statistik ein wenig relativieren, da die Konzerne natürlich deutliche Unterschiede in ihrer Größe aufweisen. Bei der Allianz beispielsweise ist dies nur ein Anteil von 2,5% an der Bilanzsumme, aber immerhin fast 11% am gesamten Staatsanleihe-Exposure. Deutlich mehr ins Risiko gehen also die italienischen Häuser, die zum Teil 1/3 ihrer Bilanzsumme im eigenen Land angelegt haben.

Die Aktie der Allianz SE konnte sich seitdem noch nicht vollends erholen, hat nun jedoch jüngst einen attraktiven Kurssprung gemacht. Am gestrigen Donnerstag gab es u.a. eine Investorenkonferenz, bei der der Münchener Versicherungskonzern das Vertrauen der Anleger nochmals stärken konnte. Während der europäische Versicherungsmarkt eher einer Konsolidierung gegenübersteht (Vivat, Aegon, ASR, Zurich Ins. Etc.) hat Allianz bekanntgegeben zunächst keine weiteren Übernahmen zu planen. Analysten hoben daraufhin ihre Kursziele an.

Der Versicherungsriese mit einer Marktkapitalisierung von fast 76 Mrd. EUR ist breit diversifiziert und sicher aufgestellt. Auch die Nachteile aus dem in Deutschland sehr starken Geschäft mit Lebensversicherungen ist eingepreist. Die Niedrigzinslandschaft ist ebenfalls nichts Neues.

Mit einer Combined Ratio von 94,8 ist man ordentlich positioniert. Die sehr stabile Expense Ratio von 28,30 ist ebenfalls kein Anzeichen für Unruhe. Zudem zahlt der DAX-Konzern eine ordentliche Dividende, die aktuell zu einer Rendite von über 4,5% führt. Auch dies kann ein wichtiger Aspekt in Bezug auf das Risiko sein, sollte die Trade-Idee nicht aufgehen. Denn dann hätte man einen stabilen Konzern mit langfristig ordentlichen Dividendenrenditen.

Bei Cashkurs*Trends haben wir die deutlich zu starken Verwerfungen in Italien -und dadurch auch bei der Allianz- durch einen Trade ausgenutzt und sind im kurzfristigen Tradingdepot eingestiegen. Zwar kann es im September wieder unruhiger werden, wenn die Forderung der Italiener zur 250 Mrd. EUR Entlastung gegenüber der EZB auf den Tisch kommen, bis dahin glauben und hoffen wir jedoch, dass die Aktie nach der übertrieben Abwärtsbewegung den Dax kurz- bis mittelfristig wieder outperformen könnte.

<link beitrag post ckswingtrading-idee-allianz-se>Wer sich weitergehend für Charttechnik interessiert, den möchte ich gerne auf die jüngste Analyse von Mario Steinrücken verweisen.

Ihr Cashkurs*Trends-Team

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"