Geschäftsmodell und Absatzmärkte

British American Tobacco ist gemäß des Umsatzes der größte Tabakkonzern der Welt. Der Konzern generiert seine Umsätze auf globaler Ebene.

Wohlwissend um den Niedergang des herkömmlichen Zigarettengeschäfts treibt BAT die Entwicklung und Etablierung alternativer Produktgattungen am aggressivsten in der Branche voran. Dazu gehören E-Zigaretten sowie orale Nikotinprodukte.

So erzielte BAT im ersten Halbjahr 2023 1,66 Milliarden GBP Umsatz mit neuen Produkten. Damit kommen diese inzwischen auf einen Umsatzanteil von 12 Prozent am Gesamtumsatz von 13,44 Milliarden GBP. Für 2025 hat man sich zum Ziel gesetzt, fünf Milliarden GBP mit neuen Produktgattungen umzusetzen.

 

Die Aktie gehört zu den schwächsten Bluechip-Titeln des laufenden Jahres. Wieder einmal ein Beweis dafür, dass das Beta, welches von den Anhängern der modernen Portfoliotheorie wie ein goldenes Kalb verehrt wird, nicht als Risikokennzahl taugt.

Achtung – bei den Kursen handelt es sich nicht um Britische Pfund, sondern Britische Pence!

 

Quelle: terminal.stock3.com

Auf Messers‘ Schneide – Aus charttechnischer Sicht steht mit dem Rutsch unter die Marke von 2336,50 GBP die Falltür nach unten hin breit offen. Ziele auf der Unterseite liegen bei 2000 sowie zwischen 1500 und 1350 GBP. Wer etwas auf Charttechnik hält, sollte also zuerst darauf warten, dass die Aktie mit einem Anstieg über 2580 GBP dieses bearische Szenario in die Schranken weisen kann.

 

Quelle: terminal.stock3.com

Tabak-Aktien will schon seit Jahren niemand mehr haben. Für Antizykliker tun sich dadurch aber Chancen auf

 

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

 

Die Aktie von British American Tobacco war noch nie so günstig wie aktuell. Allerdings gibt es dafür auch einen guten Grund. Die Zahl der Raucher sinkt kontinuierlich, und das auf globaler Ebene. Umsatz und Gewinn werden über die kommenden Jahre deshalb kaum zulegen können. Wenn man so will, könnte man BAT als schmelzenden Eiswürfel bezeichnen. Schmelzende Eiswürfel habe ich zwar gerne in meinem Erfrischungsgetränk. Darin investieren möchte ich in der Regel jedoch nicht.

Bei BAT kann man allerdings ein Auge zudrücken. Denn inzwischen ist die Aktie derart günstig bewertet, dass all die negativen Faktoren mehr als ausreichend eingepreist sein sollten. Sogar für wesentlich cashflow-schwächere Unternehmen mit unzureichenden Wachstumsraten werden höhere KGVs auf den Tisch gelegt. Der Markt scheint mir im Fall von BAT zu pessimistisch zu sein.

Und auch wenn der Gewinn über die Jahre nur marginal zulegt (v.a. durch Aktienrückkäufe) und die Aktie auch in zehn Jahren noch immer beim selben KGV notieren sollte, sollte man dank üppiger Dividendenausschüttungen eine attraktive Rendite einfahren können.

Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei stolzen zehn Prozent. Sogar unter Berücksichtigung der Steuer ergibt das eine ansehnliche Rendite.

Auszuschließen ist zudem auch nicht, dass sich das Sentiment für die Aktie zwischenzeitlich verbessert und dem Titel vom Markt höhere KGVs zugestanden werden. Oder aber, dass man den Gewinn über die kommenden Jahre doch zumindest im prozentual niedrigen einstelligen Bereich steigern kann. Mit diesen Szenarien sollte man zwar nicht kalkulieren, positives Überraschungspotenzial von dieser Seite besteht aber allemal.

Bilanz und Verschuldung

Zuletzt hat man angekündigt, Abschreibungen in Höhe von 25 Milliarden Britischen Pfund auf seine zugekauften US-amerikanischen Zigarettenmarken zu tätigen. Da dies zum Jahresende geschehen soll, ist dies noch nicht in den zur Verfügung stehenden Zahlen ersichtlich.

Der Aktienkurs reagierte prompt mit einem neunprozentigen Abschlag. Allerdings sollte man die Kirche im Dorf lassen. Auch nach der Abschreibung weist BAT eine akzeptable Eigenkapitalquote auf. Und an der Fähigkeit, Cashflows zu generieren, ändert auch die Abschreibung nichts.

Der Schuldenstand bei BAT ist erhöht, insbesondere seit der vollständigen Übernahme von Reynolds American. Fortlaufend fällig werdende Anleihen werden in der Regel jedoch zurückgezahlt und nicht refinanziert. Dadurch können wir eine laufend sinkende Verschuldung erwarten. Die durchschnittliche Verzinsung des Kreditportfolios liegt bei 3,8 Prozent. Der Großteil der Anleihen wird bis ins Jahr 2030 fällig.

 

Quelle: Homepage Unternehmen

Regelmäßige Aktienrückkäufe sind geplant, sobald die Verschuldung auf ein Verhältnis zwischen Nettoschulden und dem bereinigten EBITDA von unter 2,5 fällt. Zum Jahresende rechnet man mit einer Ratio von 2,7. Insbesondere aufgrund der günstigen Bewertung wären Aktienrückkäufe ein hervorragendes Mittel, um Mehrwerte für Aktionäre zu schaffen.

Profitabilität

Allen Unkenrufen zum Trotz handelt es sich bei BAT mit einer freien Cashflow-Marge jenseits der 30 Prozent um eine waschechte Cashcow.

Ironischerweise ist einer der Hauptgründe dafür gerade die strenge Regulatorik. Denn da Werbung für Zigaretten kaum noch geschaltet werden darf, kann man diese Mittel an seine Aktionäre verteilen.

Hauptsächlich ist es aber die kaum kapitalintensive Produktion. Zigaretten zu befüllen und zu verpacken – dafür benötigt es keine ausgeklügelten Maschinen. Zudem kann man regelrecht unanständige Aufschläge für das fertige Produkt verlangen. Die Produktion einer Packung Zigaretten kostet BAT im Schnitt lediglich 57 US-Cent.

Das Geschäftsjahr 2017 wurde ausgespart, da es hier durch die Reynolds-Übernahme zu außergewöhnlichen Ergebnissprüngen kam, welche die Lesefreundlichkeit der Grafik deutlich verschlechtert hätten

 

Da das wachsende Geschäft mit E-Zigaretten bedeutend weniger margenstark ist, stellt deren zunehmende Bedeutung im Portfolio von BAT ein zweischneidiges Schwert dar. E-Zigaretten sind nicht nur teurer in der Herstellung. Die Kunden sind auch wesentlich weniger markentreu, auch gibt es mehr Konkurrenz in diesem Bereich.

Wachstum

Die Raucherzahlen gehen kontinuierlich zurück. Mit Preiserhöhungen konnte man diesen Effekt bisher ausgleichen. Allerdings wird die Luft für Preiserhöhungen irgendwann auch dünn. Insbesondere dann, wenn Regierungen zur Eindämmung des Zigarettenkonsums die Steuern drastisch erhöhen, wie beispielsweise in Australien geschehen.

Aufgrund der harschen Regulatorik ist davon auszugehen, dass man bei diesem Geschäftsmodell besser mit einem inflationsbereinigten Null-Wachstum rechnet. Währungsbereinigt hat der Konzern im ersten Halbjahr aber seinen Umsatz sogar um knapp fünf Prozent steigern können. Für den Abgesang auf BAT ist es also noch zu früh.

Konkurrenz

BAT verfügt durch seine etablierten Marken wie Camel, Lucky Strike oder Pall Mall über einen stabilen Burggraben. Denn Raucher bleiben ihrer Marke in der Regel über viele Jahre treu.

Bei E-Zigaretten und oralen Tabakwaren muss man sich aber erst einen Namen machen. Als einer der Marktführer bestehen aber gute Chancen, dass BAT dies auch gelingen kann.

Imperial Brands sowie Altria wurden in diesem Beitrag bereits beleuchtet. Philip Morris wäre ebenso erwähnenswert, wobei mir hier die bilanzielle Qualität missfällt.

Risiken

Gegen das Rauchen werden massive politische Kampagnen gefahren, siehe dazu Frankreich. Ein Weggang von dieser Strategie, abgesehen von zwischenzeitlichen gesetzlichen Aufweichungen, ist nicht auszumachen. Der Niedergang der konventionellen Zigarettenwirtschaft ist also nicht eine Frage des ‚Ob‘, sondern lediglich des ‚Wann‘.

Besonders der Bereich der Menthol-Zigaretten, welche bei BAT für über 20 Prozent des Umsatzes sorgen, wird von der US-Regierung scharf attackiert und Verbote angedroht.

Ein weiteres Risiko ist die Währung, da die Aktie in Britischen Pfund notiert. Da zudem auch in GBP bilanziert wird, die Umsätze jedoch hauptsächlich in anderen Währungen erzielt werden, besteht ein starker Währungseinfluss. Dieser kann vorteilhaft aber auch negativ ausfallen und die Ergebnisse beeinflussen.

Porter’s Five Forces

Neue Konkurrenz in Form von E-Zigaretten oder oralen Tabakprodukten ist zwar da, allerdings verfügen diese nicht über die enormen Skalierungs- sowie finanziellen Möglichkeiten wie BAT.

Innerhalb der Branche hat man dank der großen Kundentreue einen starken Burggraben. Ob man einen solchen auch mit den neuen Produkten etablieren kann, muss sich erst noch zeigen. Deshalb gibt es hier zwei Risikopunkte.

Die Lieferanten haben keine Macht, da man steigende Preise für Energie und Basisrohstoffe problemlos an den Endkunden weitergeben kann.

Die zwei Hauptrisikofaktoren bestehen in den fortlaufend sinkenden Raucherzahlen sowie den politischen Anti-Raucher-Kampagnen. Die beiden Faktoren Substitution sowie Abnehmer werden mit der vollen Risiko-Punktzahl klassifiziert.

Trotz schwacher Gewinnentwicklung hat British American Tobacco das Zeug dazu, auch in den kommenden Jahren ordentliche Renditen abwerfen zu können. In der aktuellen Bewertung ist bereits viel Negatives eingepreist, die Dividende ist sagenhaft hoch. Allerdings muss man wissen, dass man hier in einen schmelzenden Eiswürfel investiert. Über die kommenden fünf bis zehn Jahre sollte sich die Story als Investment eignen. Auf Sicht von 15, 20 oder 30 Jahre sollte man aber auf andere Titel setzen.

 

Mit dieser Analyse und nach insgesamt knapp 80 Aktienanalysen und 19 Wissensbeiträgen im Jahr 2023 lege ich nun meinen digitalen Kugelschreiber, zumindest was das Jahr 2023 angeht, beiseite. Ich wünsche der gesamten Cashkurs-Leserschaft ein gemütliches Weihnachtsfest und einen glücklichen Start in das Jahr 2024. Viel Erfolg!

 

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.bat.com, terminal.stock3.com, www.hna.de/welt/auch-fuer-urlauber-preiserhoehung-und-rauchverbot-frankreich-plant-strenge-regeln-92703294.html

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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