Die meisten Generika-Hersteller werden als hochverschuldete Konfliktkandidaten mit unlösbaren Problemen betrachtet, mit denen es stetig bergab geht.

Daher ist die Bewertung außerordentlich niedrig, Teva kommt derzeit auf ein KGV von lediglich 5,1. Doch jetzt steht das Unternehmen vor einem Wendepunkt, der zu einer Neubewertung führen könnte.

Generikabranche in den USA im Wandel

Generika sind in den USA zu einem schwierigen Geschäft geworden. Die Preise für bestehende Produkte sinken jedes Jahr, sodass neue Produkte auf den Markt gebracht werden müssen, um diesen Rückgang auszugleichen.

Vor 2016 konnte der jährliche Basispreisverfall im mittleren einstelligen Prozentbereich durch das zweistellige Wachstum von Medikamenten, deren Patentschutz auslief, mehr als ausgeglichen werden.

Seitdem hat sich der Preisrückgang aufgrund der Konsolidierung unter den Arzneimittelabnehmern wie Großhändlern und Apotheken erheblich beschleunigt. Diese einst fragmentierte Gruppe von Käufern besteht inzwischen nur noch aus drei Unternehmen (AmerisourceBergen, McKesson, Cardinal Health), auf die etwa 90 % der Generika-Käufe entfallen.

Diese Abnehmer haben ihre Größe genutzt, um bessere Preise für Generika zu verhandeln und dadurch die Preise gedrückt.

Das hat Unternehmen wie Teva massiv unter Druck gebracht. Hinzu kam, dass man, unmittelbar bevor diese Probleme begannen, eine gigantische Übernahme durchgeführt hat.

Interessanterweise haben alle großen Generika-Hersteller damals zum gleichen Zeitpunkt denselben Fehler gemacht.

Das Blatt wendet sich

Teva hat 2016 für 40,5 Mrd. USD das Generikageschäft von Allergan übernommen. Heute ist Teva an der Börse nur noch 15,1 Mrd. USD wert, der Deal war ein gigantischer Fehler und obendrein zu mehr als 80 % durch Schulden finanziert.

Da man sich mit sinkenden Gewinnen im US-Geschäft konfrontiert sah und enorme Schulden hatte, musste man die Kosten aggressiv senken und den gesamten verfügbaren Cashflow für die Tilgung der Schulden aufwenden.

Doch langsam aber sicher wendet sich das Blatt. In den letzten Quartalen ist klargeworden, dass es Grenzen für die Senkung der Preise gibt. Der Druck durch die Einkäufer hat spürbar nachgelassen und die Preise sind nahezu stabil.

Die sinkenden Preise haben dazu geführt, dass in der Generika-Branche über Jahre hinweg keine Kapazitäten mehr geschaffen wurden. Bei einigen Medikamenten liegt sogar eine Unterversorgung vor. Dadurch hat sich die Verhandlungsbasis von Teva und anderen Generika-Herstellern enorm verbessert.

Transformation: Von Schuldenlast zu potenzieller Dividendenperle

Darüber hinaus hat Teva einen Großteil der Schulden zurückgezahlt. Nach der Übernahme der Generika-Sparte von Allergan hatte man einen Schuldenberg von 32,5 Mrd. USD. Seitdem hat man durchschnittlich 1,75 Mrd. USD pro Jahr getilgt und die langfristigen Verpflichtungen dadurch auf 18,5 Mrd. USD gedrückt.

Hinzu kommt, dass die Barmittelbestände in dieser Zeit um 2,3 Mrd. USD gestiegen sind. Das bedeutet, dass man in etwa 2 Mrd. USD pro Jahr an realwirtschaftlichem Gewinn erzielt hat, der in Zukunft an die Aktionäre ausgeschüttet werden könnte.

Teva könnte perspektivisch im großen Stil eigene Aktien einziehen und sich sogar eine Dividende von mehr als 10 % leisten.

All diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass Teva im letzten Geschäftsjahr erstmals seit 2016 wieder ein Umsatzwachstum und steigende Gewinne verzeichnet hat. Der Konzernumsatz kletterte von 14,93 auf 15,85 Mrd. USD und der Gewinn von 8,79 auf 9,31 USD je Aktie.

In den kommenden beiden Jahren werden Gewinnsteigerungen von 8-10 % erwartet. Selbst wenn es zu keiner Neubewertung der Aktie kommen wird und das KGV in etwa bei 5 bleibt, würde der Kurs in ähnlichem Umfang zulegen.

Steigt das KGV nur auf 10, müsste sich der Kurs verdoppeln. Einige Gründe, die zu einer Neubewertung führen könnten, haben wir bereits erörtert, doch es gibt noch mehr.

Die Pipeline könnte weiteren Auftrieb liefern

Man hat zwei Medikamente in der Pipeline, die zu erheblichen Wertsteigerungen führen könnten.

Erstens: Teva verfügt über einen TL1A-Antikörper, der sich derzeit in der Phase 2 für Colitis ulcerosa und Morbus Crohn (zwei chronische Darmerkrankungen) befindet. Ein Medikament derselben Klasse wurde kürzlich nach den Phase-2-Ergebnissen für 11 Mrd. USD an Merck verkauft. Roivant hat seinen TL1A-Antikörper nach den Phase-2-Ergebnissen für 7 Mrd. USD verkauft.

Im Oktober hat Teva eine 50 %-Beteiligung an diesem Medikament für 500 Millionen Dollar im Voraus - zuzüglich einer Milliarde Dollar an Meilenstein-Zahlungen und Lizenzgebühren - an Sanofi verkauft. Für ein Medikament, dass sich damals noch in Phase 1 befand, ist das eine unerhörte Summe.

Sanofi steigt ein

Doch das Potenzial ist auch entsprechend groß. Andere Medikamente für diese Indikationen erzielen Umsätze von über 10 Mrd. USD, sodass dies selbst mit einem Anteil in Höhe von 50 % eine enorme Chance für Teva darstellt.

Zweitens: Teva führt derzeit eine Phase-3-Studie zu seinem lang wirksamen (LAI) Olanzapin bei Schizophrenie durch. Dabei handelt es sich um einen potenziellen 4-Milliarden-Dollar-Markt.

Es gibt zwar ein weiteres LAI-Olanzapin auf dem Markt, aber es erzielt aufgrund des Risikos von Koma-Anfällen nur sehr geringe Umsätze. Tevas Medikament wird subkutan verabreicht und hat daher wahrscheinlich nicht die gleichen Nebenwirkungen wie die derzeit zugelassene Version, die intramuskulär verabreicht wird.

Während der laufenden Studie wurde bei über 1.800 Injektionen keine einzige schwere Nebenwirkung festgestellt. Die Wirksamkeit des Medikaments Olanzapin steht außer Frage, wenn Teva die Sicherheit seiner Version nachweisen kann, könnte man erhebliche Marktanteile gewinnen.

Gemeinsam könnten die beiden Medikamente am Hoch einen Jahresumsatz von über 7 Mrd. USD und ein Bruttoergebnis von über 6 Mrd. USD generieren. Das würde nahezu einer Verdopplung des Bruttogewinns entsprechen, das operative Ergebnis würde in diesem Szenario sogar noch stärker steigen.

Teva Pharma (WKN: 883035) - Chart vom 02.03.2024 - Kurs: 13,50 - Kürzel: TEVA – Wochenkerzen

Daher dreht kurstechnisch zunehmend der Wind. Der langfristige Abwärtstrend wurde überwunden. Gelingt jetzt ein Ausbruch über 13,60 USD, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit möglichen Kurszielen bei 15 und 16,75 USD. Die übergeordneten Kursziele liegen bei 22,50 und 25,00 USD.

Antizyklischen Einstiegsmöglichkeiten würden sich bei 12,50 und 11,00 – 11,50 USD ergeben.

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

Hinweis
Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"