So müssen wohl Marktteilnehmer aktuell über die Branche denken. Wie sonst kann man sich denn sonst diese Bewertungen erklären? Aber der Reihe nach.

Die Korrektur im Goldpreis zieht sich nun schon seit August hin. Eine zähe, langwierige, für Goldminenaktionäre scheinbar nicht enden wollende Korrektur. Der Mensch ist ein ungeduldiges und aktionistisches Tier und so springen immer mehr Anleger ab, je länger sich Korrekturen hinzieht. Kein Wunder, dass das Sentiment, also die Stimmung unter der Anlegerschaft für Gold und Goldminen, am Boden liegt.

 

Bei Betrachtung des langfristigen Charts wird allerdings deutlich, dass so eine Konsolidierung in Anbetracht der fulminanten Rally der vergangenen Jahre mehr als gesund ist. Die Korrektur, die bereits scheinbar ewig andauert, wirkt im großen Bild gar nicht übertrieben. Eher riecht es übergeordnet charttechnisch sogar nach Bullenflagge.

Der Anlegerschaft scheint dies aber herzlich egal zu sein. Positive Artikel zu Gold findet man im Mainstream wieder einmal kaum bzw. gar nicht. Wenn sich niemand für Edelmetalle interessiert, kann es um Gold also nicht gut stehen, ganz zu schweigen von den Minenkonzernen, die die Rohstoffe aus der Erde holen.

Nach Hochmut kommt der Fall

Ist dem wirklich so? Wohl kaum. Ganz egal, ob der Goldpreis gerade bei 2.000, 1.800 oder 1.700 Dollar steht. Die Konzerne verdienen so oder so prächtig. Zu verdanken ist dies ironischerweise wohl dem Bärenmarkt bei Gold von 2011 bis 2016. Noch 2010 träumte man in den Chefetagen bei Barrick Gold, Newmont, Kinross & Co. wohl von für immer steigenden Goldnotierungen und stieß ein Explorationsprojekt nach dem anderen an – teilweise war man schier größenwahnsinnig geworden.

Mit dem Bärenmarkt folgte die Strafe auf den Fuß. Da man keinen Deut auf das Kostenmanagement gab, wurden die Konzerne vom rückläufigen Goldpreis regelrecht überrollt und mussten Projekte teilweise für einen Appel und ein Ei abstoßen, um nicht in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten.

Mit dem Bärenmarkt hat man aber dazu gelernt. An erster Stelle steht nun nicht mehr Wachstum um jeden Preis, sondern ganz im Gegenteil ein solides Kostenmanagement. Die ‚All In Sustaining Costs‘ (AISC), also die zusammengefassten Förderkosten stehen nun im Mittelpunkt. Die Branche musste schließlich lernen, auch mit einem Goldpreis von 1.200 oder weniger zu leben.

Geldmaschinen

Die Branche steht inzwischen bilanziell auf so soliden Beinen da, wie noch nie. Einerseits deshalb, da man die Kosten im Griff hat und gelernt hat, sorgsam mit dem eigenen Kapital umzugehen. Andererseits hat natürlich auch der Goldpreisanstieg dafür gesorgt, dass Konzerne wie Barrick Gold ihre Bilanz erfolgreich entschulden konnten. Allein in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres konnte man die Nettoverschuldung um über 900 Millionen Dollar reduzieren. Der freie Cashflow für 2020 beläuft sich auf 3,3 Milliarden Dollar. In Anbetracht der Marktkapitalisierung von 35 Milliarden Dollar war der Konzern selten so günstig bewertet wie heute. Und was für Barrick gilt, gilt auch für eine Vielzahl an anderen Unternehmen aus der Branche. Die meisten etablierten Goldkonzerne sind zu regelrechten Geldmaschinen geworden.

Nach den Exzessen bis 2012 zeigt der Trend auch bei Newmont in die richtige Richtung. Der temporäre Anstieg 2019 resultiert aus der Übernahme von Goldcorp. Im Nachgang konnte man die Verschuldung weiter drücken und ist auf dem Weg zur nettoschuldenfreien Bilanz

Zu langweilig für Zocker, zu riskant für Konservative

In diesem Zusammenhang sind die meisten Aktien aus dem Sektor nicht nur günstig, sondern regelrecht lächerlich günstig bewertet. In der folgenden Tabelle sehen Sie eine Auswahl an größeren Goldproduzenten, sortiert nach dem P/FCF (Kurs/Freier Cashflow) der letzten zwölf Monate. Darunter finden sich unter anderem mit Teck Resources oder Freeport-McMoRan auch Produzenten anderer Rohstoffe.

Um das Ganze einmal ins Verhältnis zu setzen. Der S&P 500 firmiert aktuell mit einem P/FCF nahe 24. Sicher hinkt der Vergleich, da man die volatile Rohstoffbranche nicht 1:1 mit einem aus Standardtiteln bestehenden Aktienindex vergleichen kann. Nichtsdestotrotz wird deutlich, wie unbeliebt Goldminenaktien bei der Anlegerschaft derzeit sind.

Quelle: sentieo

Viele Unternehmen etablieren sich so langsam aber sicher als waschechte Value-Play‘s. Sogar Dividendenzahlungen kommen im Sektor langsam aber sicher in Mode. Früher waren Goldminen hochspekulative Wachstumsstories, die vielfach von Glücksrittern und Zockern gekauft wurden. Inzwischen bieten die meisten Konzerne keine Wahnsinns-Wachstumsstories, stehen dafür aber bilanziell gut da, verdienen prächtig und zahlen teilweise attraktive Dividenden.

Allerdings, Value-Fans und Bluechip-Käufer trauen sich nach wie vor noch nicht so richtig an die Branche heran. Zu gut sind ihnen die Managementfehler und der Gold-Bärenmarkt nach 2011 im Gedächtnis. Das Argument "Value-Investoren kaufen keine Goldminen wegen der Abhängigkeit zur Rohstoffnotierung“ kann man so nicht stehen lassen und wirkt zu sehr konstruiert. Nach dieser Logik müssten auch Ölaktien aus dem Value-Raster fallen. Auch das Argument der Pessimisten, dass Altmeister Warren Buffett seinen Anteil an Barrick Gold inzwischen wieder verkauft hat, ist löchrig.

Mit dem Kauf der Barrick-Position im zweiten Quartal 2020 und dem Verkauf im vierten Quartal 2020 zu möglicherweise ungünstigen Kursen wird sich Buffett in seinem negativen Bias zu Gold bestätigt fühlen. Aber: Auch der Altmeister aus Omaha kann sich einmal irren (Stichwort: Kraft Heinz) und hatte ohnehin nie einen wirklich positiven Bezug zu Edelmetallen.

Das Totschlagargument der Goldkritiker, dass Gold kein Produktivasset und lt. Buffett regelrecht ‚sinnlos‘ sei, kann in Anbetracht eines tausende Jahre zurückreichenden positiven Track Records für das edle Metall durchaus infrage gestellt werden.

 

Quelle: guidants.com

Erschwerend kommt dazu, dass Gold medial so gut wie gar nicht diskutiert wird, zuletzt aber nicht minder gut performte, hier im Vergleich seit dem 19. Februar 2020, dem Start des Corona-Crashs. Das sorgt dafür, dass sich auch keine risikofreudigen Glücksritter für den Sektor interessieren. Diese haben Cannabis, Wasserstoff, Tesla und in einem kurzen Intermezzo den Silbermarkt für sich entdeckt und lassen mangels einer heißen Story Goldtitel links liegen. Somit fällt auch diese Käuferschicht einstweilen aus.

Zwischen zwei Stühlen

Der Goldminensektor könnte sich im Übergang vom Status der Zockerbranche zur Value-Schatulle befinden. Es wird die Zeit kommen, wo wieder jeder über die Branche spricht und Gazetten gesäumt sind mit heißen Investitionstipps zur Branche. Dann aber wird es möglicherweise bereits zu spät und einige Aktien schon weit gelaufen sein. Der Gewinn liegt schließlich im Einkauf.

Mit dem Kauf von Qualitätstiteln aus der Branche können sich Anleger, die an einen stabilen bzw. steigenden Goldpreis glauben, hier frühzeitig positionieren. Hierbei muss man aber genau wissen, was man tut oder sollte bei den Kollegen von Cashkurs*Gold vorbeischauen.

Eine breitere Streuung erreicht man mit dem Kauf eines Minen-ETFs, wie dem iShares Gold Producers (WKN: A1JKQJ), in dem die großen Namen der Branche enthalten sind, oder dem VanEck Vectors Junior Gold Miners ETF (WKN: A12CCM), in dem kleine und mittelgroße Produzenten vertreten sind. Allerdings muss man sich klar vor Augen führen, dass der Sektor nichts für schwache Nerven ist. Tagesschwankungen von fünf Prozent oder mehr gehören zur Regel, nicht zur Ausnahme.

 

Quelle: tradingview.com

„Was heißt das für mich konkret!?“

Die aktuelle Hängepartie mag frustrierend sein. Aber gerade dann, wenn die Frustration am größten ist, bieten sich in der Regel die besten Gelegenheiten für Anleger. Und auch wenn es Buffett nicht mögen wird, in einem für Gold und Minen positiven Beitrag zitiert zu werden: „Sei gierig, wenn alle anderen ängstlich sind und sei ängstlich, wenn alle anderen gierig sind“. Ist der Großteil der Anleger in Bezug auf diesen Sektor gerade gierig oder ängstlich? Entscheiden Sie selbst.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen: guidants.com, sentieo.com, tradingview.com

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