In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz diskutierten am Mittwoch, den 17. April 2024 der CDU-Politiker Philipp Amthor und die Grüne-Jugend-Chefin Katharina Stolla über Arbeits- und Sozialpolitik. Stolla vertrat die Ansicht, dass die Lösung für den Fachkräftemangel in der Einführung der Viertagewoche liegen würde. Mit attraktiveren Arbeitsbedingungen würden sich mehr Arbeitskräfte finden lassen, behauptete sie. Amthor hielt dagegen, dass Deutschland im europäischen und weltweiten Standortwettbewerb bestehen müsse.

Mehr oder weniger arbeiten zur Stärkung der Wirtschaft?

Der CDU-Politiker erwähnte unter anderen China als Konkurrenten für die deutsche Industrie. Man muss kein Fan von Amthor sein, um ihm zuzustimmen, dass Deutschlands Arbeitsmarkt sich nicht vollkommen unabhängig von den anderen EU-Staaten und den größeren globalen Konkurrenten entwickeln kann.

Gemäß Stollas Theorie bewirkt eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich, dass Fachkräfte, die auf Halbtagstätigkeiten in ihrem Job umgestiegen sind, oder gar den Job quittiert hätten, sich nun bemüßigt sehen würden wieder in einer Vollzeitstelle zu arbeiten. Weil, so Stolla, dies Millionen Menschen seien, würde sich der Fachkräftemangel gerade in Luft auflösen. Stolla musste sich während der Sendung gegen die üblichen Vorwürfe gegen ihre Generation die sogenannte „Gen Z“ und der ihr nachgesagten fehlenden Arbeitsmoral verteidigen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner vom Koalitionspartner der Grünen, der FDP, schlägt dagegen vor, dass Arbeitnehmer freiwillig mehr Überstunden machen sollten, und dafür steuerlich gefördert werden sollten. So möchte der Liberale die Wirtschaft stärken. Seitens der SPD und der Gewerkschaften stoßen solche Vorschläge wie der von Lindner auf wenig Gegenliebe. Doch auch innerhalb der SPD ist die Viertagewoche nicht als Allheilmittel anerkannt. Arbeitsminister Hubertus Heil meint, sie sei nicht für alle Branchen geeignet.

Deutschland als Schlusslicht beim Wachstum

Tatsache ist, dass Deutschland erneut bei der Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) hinsichtlich des lediglich auf 0,2 Prozent geschätzten Wachstums das Schlusslicht der Industrieländer ist. Der IWF sieht in Deutschland Strukturprobleme.

Auf der anderen Seite wird Griechenland vom IWF über den grünen Klee gelobt. Die Experten des Währungsfonds, die Griechenland in der vergangenen Dekade einschneidende soziale Maßnahmen und einen teilweise verheerenden Sparkurs vorgeschrieben haben, prognostizieren, dass Griechenlands Wachstum zu den höchsten der EU zählen wird. Fast drei Prozent Wachstum stehen für das laufende Jahr an.

Griechenlands wirtschaftliche Erholung nach dem Rezept des IWF hat indes die Kluft zwischen Armen und Reichen weiter vergrößert. Sinkende Geburtenraten und Arbeitskräftemangel zählen auch in Griechenland zu den Faktoren, die das Wachstum gefährden.

Mehrarbeit per Gesetz gefördert

Griechenland zieht IT-Unternehmen und Dienstleister an. Auch die Deutsche Telekom investiert in einen IT Hub in Thessaloniki, von wo aus das internationale Softwaregeschäft des Telekommunikationsriesen unterstützt werden soll. Der Staat fördert die Immigration von ausländischen Fachkräften, sowie die Rückkehr von ausgewanderten Griechen mit erheblichen Steuerrabatten. Industrieunternehmen werden mit relativ billigen Energiepreisen geködert.

Darüber hinaus wird Lindners in Deutschland umstrittene Idee in erweiterter Form in der Praxis umgesetzt. Mehrarbeit ist steuerlich günstig und wird zudem per Gesetz mit Zuschlägen bezahlt. Die sozioökonomischen Gegensätze zwischen Griechenland und dem Rest der Europäischen Union insbesondere Deutschland nehmen zu.

Während in mehreren Mitgliedsstaaten der EU die Viertagewoche ohne Lohnkürzungen diskutiert wird, gilt in Griechenland ab dem 1. Juli 2024 die Sechstagewoche. Die Regierung in Athen verspricht sich davon eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Zudem sollen die Fachkräfte mit Mehrarbeit leichter den sozialen Aufstieg schaffen.

Für die Arbeitnehmer soll es freiwillig sein, ob sie sechs Tage durcharbeiten wollen, oder weiterhin in einer Fünftagewoche arbeiten möchten. Die Sechstagewoche ist an bestimmte Regeln gebunden. Für den sechsten Tag müssen die Arbeitgeber einen Aufschlag von vierzig Prozent zahlen. Zudem sind am sechsten Arbeitstag keineswegs mehr als acht Stunden Arbeitszeit erlaubt. Eine Nachtschicht ist für Schichtarbeiter keine sechs Tage in Folge erlaubt.

Fällt der sechste Arbeitstag auf einen Sonn- oder Feiertag müssen die Arbeitgeber zusätzlich zur 40 Prozent – Prämie weitere 75 Prozent Aufschlag, insgesamt also 115 Prozent Zusatzlohn zahlen. Arbeitnehmer, die fünf Tage pro Woche arbeiten, allerdings einen der fünf Arbeitstage am Samstag ableisten, erhalten einen Zuschlag von 30 Prozent für den Samstag. Die Mehrarbeit am Wochenende muss im Vorfeld auf dem zentralen staatlichen Server des Arbeitsministeriums angemeldet werden.

Es muss sich zeigen, welche konkreten Ergebnisse der griechische Alleingang haben wird. Fakt ist, dass auch Unternehmen des öffentlichen Dienstes und des erweiterten öffentlichen Dienstes, wie Gemeindebüros, das halbstaatliche Stromunternehmen, die Wasserwerke und die Finanzämter samstags arbeiten sollen.

Es liegt auf der Hand, dass die griechische Regierung mit der Flexibilisierung der Arbeitswoche, den Personalmangel in saisonabhängigen Branchen der Industrie, aber vor allem auch im Tourismus eindämmen möchte. Aus Unternehmerkreisen wird berichtet, dass die Sechstagewoche als kurzfristige Übergangslösung für den aktuellen Fachkräftemangel angesehen wird. Schließlich ist sie für die Unternehmer kostenintensiver.

Wie freiwillig die Sechstagewoche für die griechischen Arbeitnehmer in der Praxis sein wird, darüber gibt es noch keine Daten. Logisch ist, dass die weiterhin hohe Inflationsrate in Griechenland die Entscheidung für Mehrarbeit nahelegt. Bereits jetzt versuchen viele Griechen sich mit mehreren Jobs über Wasser zu halten.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Im Text erfahren die Leser, wie Griechenland in der Sechstagewoche die Lösung für die Überwindung des Fachkräftemangels sucht, während in Deutschland von den Grünen und Teilen der SPD die Viertagewoche als Heilmittel gepriesen wird. Griechenlands Weg entspricht in weiten Teilen einem in Deutschland kritisch gesehenen Vorschlag des Bundesfinanzministers Christian Lindner. Es muss sich zeigen, welches der beiden Experimente erfolgreicher werden wird.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"