Eine positive Entwicklung zeichnet sich mit Blick auf den östlichen Mittelmeerraum ab, wo es zwischen Israel und dem Libanon endlich zu einer bilateralen Übereinkunft über eine Festlegung des Verlaufs der Seegrenze zwischen beiden Nationen gekommen ist.

Erinnert sei daran, dass die Führung der hauptsächlich im Südlibanon operierenden Hisbollah-Miliz im Frühsommer vor dem Ausbruch eines Krieges in der Region gewarnt hatte, falls Israel mit der Förderung von Offshore-Gas beginnen würde, ohne sich zuvor mit dem Libanon auf einen einvernehmlichen Verlauf der gemeinsamen Seegrenze geeinigt zu haben.

Mit dem Abkommen verbessert sich der regionale Ausblick

Ein solches Abkommen liegt nun auf dem Tisch, weshalb sich der Ausblick auf eine zukünftige Steigerung der Offshore-Gasförderung in dieser Region verbessert hat. Laut Kommentatoren handele es sich um einen „historischen Schritt“ auf dem diplomatischen Parkett, in dessen Zuge sich der wirtschaftliche Ausblick in beiden Ländern verbessern dürfte.

Darüber hinaus besteht die Hoffnung, dass die Anfang Oktober verkündete Einigung für mehr politische Stabilität im Nahen Osten sorgen wird. Analysten an den Rohstoff- und Energiemärkten sehen aufgrund des Abkommens einen Silberstreif am Horizont aufziehen.

Während sich weite Teile der Welt vor den bald einsetzenden Wintermonaten mit Engpässen und Knappheiten an den Erdgasmärkten konfrontiert sehen, könnte eine wachsende Offshore-Gasförderung vor den Küsten Israels und des Libanons zukünftig für ein wenig Entspannung an den Energiemärkten sorgen. Doch bis es so weit sein wird, dürfte noch einiges Wasser den Rhein hinunterlaufen.

Sicherheitspolitisch zeichnet sich Entspannung der Lage ab

In den letzten Monaten war es unter Vermittlung und Mediation der Vereinigten Staaten zu bilateralen Verhandlungen zwischen Tel Aviv und Beirut gekommen, um Streitigkeiten und potenziell eskalierende Dispute über die offene Frage des Seegrenzverlaufs zwischen beiden Staaten beizulegen.

In Israel geht mit einer finalen Vereinbarung die Hoffnung einher, die nationale Sicherheit des eigenen Landes zu erhöhen. Gleichzeitig geht von den aktuellen Entwicklungen ein Signal an Investoren aus, die mit milliardenschweren Investitionen in die israelische Wirtschaft Hand in Hand gehen könnten.

Ferner scheint der Regierung in Tel Aviv daran gelegen zu sein, die bilateralen Beziehungen zum nördlichen Nachbarn zu verbessern und damit gleichzeitig die Stabilität rund um die israelisch-libanesische Landgrenze zu erhöhen.

Ein militärischer Konflikt mit der schiitischen Hisbollah-Miliz würde so in die Ferne rücken. Der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende libanesische Staatspräsident Michel Aoun erklärte Mitte Oktober unter Bezugnahme auf den britischen Guardian, dass die mit Israel getroffene Übereinkunft die Ansprüche des eigenen Landes befriedige.

Der libanesischen Führung sei es von Anbeginn des Konflikts darum gegangen, sich im Hinblick auf eine potenziell zunehmende Erdgasförderung vor den eigenen Küsten nicht übervorteilen zu lassen. Der jetzt ausverhandelte Deal zwischen beiden Seiten stelle dies sicher.

Beide Seiten bezeichneten das Abkommen als Erfolg und zeigten sich hoch erfreut darüber, dass es zu einer solchen Entwicklung noch vor der Abhaltung von Nationalwahlen in Israel gekommen war.

Benjamin Netanjahu kehrt zurück in die Korridore der Macht

Seit gestern steht fest, dass Likud-Chef Benjamin Netanjahu an die israelischen Schalthebel der Macht zurückkehren wird. Fast parallel hierzu endete die Amtszeit des libanesischen Staatspräsidenten Michel Aoun Ende letzten Monats.

Erfreut zeigen sich Kommentatoren und politische Beobachter vor allem ob der Tatsache, dass die zwischen beiden Nationen getroffene Übereinkunft auch durch die schiitische Hisbollah-Miliz mitgetragen und unterstützt wird.

Es wird also unter Berücksichtigung der aktuellen Situation nicht zu einem neuen Ausbruch von interkonfessionellen Konflikten oder parteipolitischen Flügelkämpfen im Libanon kommen.

Aus einer rein wirtschaftlichen Perspektive betrachtet, hätte es für einen Ausbruch von neuen innenpolitischen Konflikten über das kürzlich vereinbarte Abkommen mit Israel auch kaum noch irgendeinen Raum im Land gegeben.

Wie tief die reifen Früchte von den Bäumen im Nahen Osten jedoch tatsächlich hängen, bleibt unter Berücksichtigung von historischen Ereignissen und den über die letzten Jahrzehnte gemachten Erfahrungen in der Region trotzdem erst einmal abzuwarten.

Es ist keine dauerhafte Friedensregelung erzielt worden

Denn politische Kommentatoren weisen darauf hin, dass die nun erfolge Einigung über den Seegrenzverlauf zwischen Israel und dem Libanon zwar als ein großer Erfolg zu werten ist. Nichtsdestotrotz sei mit dieser Übereinkunft keine dauerhafte Friedensvereinbarung erzielt worden.

Wie dem auch sei, so wird Israel fortan dazu in der Lage sein, Erdgas aus dem Offshore-Feld Karish zu fördern. Geologen und Experten gehen davon aus, dass die beiden Offshore-Felder Karish und Tanin zusammen über Reserven in Höhe von zwei bis drei Billionen Kubikmetern Erdgas verfügen.

Allen voran die schiitische Hisbollah-Miliz hatte die israelische Regierung vor dem jetzt geschlossenen Abkommen mehrfach vor dem Ausbruch eines Krieges samt eines Beschusses von israelischen Offshore-Förderanlagen gedroht, falls Israel auf eigene Faust – und ohne vorherige Konsultation Beiruts – mit einer Ausbeutung des Offshore-Feldes Karish beginnen sollte.

Diese Drohungen sind jetzt erfreulicherweise vom Tisch. Sowohl in der Europäischen Union als auch in den Vereinigten Staaten wurde zuletzt mit großer Sorge auf die wachsende Kriegsgefahr im Nahen Osten geblickt.

Denn die globale Energiekrise hätte sich so noch weiter verschärfen können. Gleichzeitig verbessert sich nun der Ausblick auf eine zukünftig steigende Erdgasförderung in der Region, die insbesondere auf dem europäischen Kontinent willige und wirtschaftlich unter Druck stehende Abnehmer finden würde.

Der Libanon wird seine Explorations- und Förderaktivitäten zukünftig auf das Offshore-Feld Qana, welches sich in direkter Nachbarschaft zu Karish befindet, konzentrieren. Hochrangige Repräsentanten des Energiekonzerns TotalEnergies sind bereits nach Beirut gereist, um über eine möglichst schnelle Aufnahme von Explorations- und Entwicklungsaktivitäten mit der libanesischen Regierung zu verhandeln.

Handfeste ökonomische Interessen könnten für höhere Stabilität sorgen

Seitens des in Beirut ansässigen Carnegie Middle East Centre hieß es, dass die getroffene Übereinkunft zwischen Israel und dem Libanon aufgrund der involvierten ökonomischen Interessen den Ausblick auf eine Wahrung des Friedens in der Region gesteigert habe.

Von dieser Situation könnten unter Umständen auch die Anrainerstaaten der beiden Nationen profitieren. Es sei politische und wirtschaftliche Stabilität, welche die gesamte Region fortan benötige, um zur Ruhe zu kommen.

Auf ähnliche Weise äußerte sich der jetzt aus seinem Amt als israelischer Premierminister ausscheidende Yair Lapid. Danach werde die mit dem Libanon getroffene Übereinkunft laut Yair Lapid zu einer verbesserten Stabilität in der gesamten Region beitragen.

Es bleibt zu hoffen, dass Likud-Chef Benjamin Netanjahu, vielerorts als politischer Hardliner bezeichnet, die Dinge ebenfalls auf eine solche Weise sehen und betrachten wird. Denn seitens der Crisis Group wurde gemutmaßt, dass die gesamte Gasinfrastruktur Israels im Falle einer Konfliktverschärfung oder gar eines Kriegsausbruchs auf dem Spiel gestanden hätte.

Nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus sicherheitspolitischer Perspektive wurden auf Basis des vereinbarten Abkommens also große Fortschritte erzielt.

Eine teils zu schwammige Formulierung

Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Kritiker und Experten, die in der getroffenen Übereinkunft einen möglichen Keim für den Ausbruch neuer Konflikte zwischen beiden Ländern erkennen. Manche Dinge seien zu schwammig formuliert worden.

Beispielsweise werden dem Libanon zwar die Förderrechte an dem Offshore-Feld Qana zufallen. Doch Israel wird über ein mit dem Konzern TotalEnergies separat zu vereinbarendes Abkommen Anspruch auf Lizenzzahlungen seitens des Libanons gewährt werden müssen, da Qana in die Küstengewässer Israels hineinreicht.

Eine sehr wichtige Frage wurde in der getroffenen Übereinkunft zwischen Israel und dem Libanon bis dato zudem ausgeklammert. Hierbei geht es um die nicht unwesentliche Frage, wie hoch der israelische Anteil an den durch die bevorstehende Ausbeutung des Qana-Feldes anfallenden Förderprofiten sein soll.

In der Zukunft könnten über diese bislang nicht geklärte Frage also neue Konflikte entstehen. In der getroffenen Übereinkunft heißt es hierzu bislang nur, dass Israel auf vertrauensvolle Weise mit dem Block-9-Betreiber zusammenarbeiten soll, um über diese offene Frage in absehbarer Zukunft eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Der Libanon steckt knietief in einer Energie- und Bankenkrise

Im Libanon kann ferner kaum mehr abgewartet werden, bis Explorationen samt Förderung von Erdgas vor der eigenen Küste endlich losgehen. Denn das gesamte Land leidet bereits seit einiger Zeit unter einer schweren Energiekrise, in deren Zuge es über die letzten Wochen und Monate wiederholt zu Stromausfällen, allen voran in der Hauptstadt Beirut, gekommen ist.

Darüber hinaus kämpft der Libanon mit den Auswirkungen einer schwerwiegenden Finanz- und Bankenkrise.

Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Trendwende dürften zum aktuellen Zeitpunkt verfrüht sein. Denn es wird eine ganze Zeit dauern, bis die Erschließung des Offshore-Feldes Qana die Regierung in Beirut mit den erhofften Einnahmen aus der Ausbeutung dieses Feldes beglücken wird.

Energieexperten gehen davon aus, dass Einnahmeströme aus der Gasförderung nicht vor dem Jahr 2030 fließen werden. Andererseits sei auch nicht damit zu rechnen, dass die Einnahmen aus der zukünftigen Gasförderung den Libanon aus einer mehr als einhundert Milliarden US-Dollar schweren Staatsschuldenfalle befreien werden.

Bislang steht geologisch noch nicht einmal fest, wie hoch die Gasreserven des Qana-Feldes tatsächlich sind. Aktuell wird unter Experten von einem finanziellen Gegenwert in Höhe von drei Milliarden US-Dollar ausgegangen.

Wenn die Gasförderung einmal aufgenommen wird, würde Beirut auf Basis der momentanen Berechnungen jährlich zwischen einhundert und zweihundert Millionen US-Dollar aus diesen Aktivitäten zufließen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus basiert auf einem Bericht auf der Seite von oilprice.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Israel dürfte aus ökonomischer Sicht also weitaus mehr von der nun getroffenen Übereinkunft mit dem Libanon profitieren. Andererseits öffnen sich nach dem getroffene Abkommen und dem Ausblick auf eine Wahrung des Friedens in der Region die Türen für eine bedeutsame Zunahme der ausländischen Direktinvestitionen im Libanon.

Zusätzliche Explorationsaktivitäten in den eigenen Küstengewässern könnten darüber hinaus auf weitere Gasvorkommen schließen lassen. Einen großen Einfluss auf die Preisentwicklung an den europäischen Energiemärkten wird die getroffene Vereinbarung zwischen Israel und dem Libanon vorerst nicht ausüben.

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